Seit ein paar Tagen beschäftigen wir uns damit, mit welchen Fragen man sich herumschlägt, wenn man eine echte Marke, in meinen Worten: eine Love Brand, werden will. Ja, wie geht das? Mit individueller Markenentwicklung und der entsprechenden Kommunikation. Anfangs ging es um Sinn und Zweck und darum, bewusst anders als der Durchschnitt zu sein. Im heutigen Blog-Artikel tauchen wir, also Willi, die »Pferdefresse«, und ich, gemeinsam etwas tiefer in seine Welt ein – und in die der anderen Marken, die sich an so einem Riff tummeln. Wir entwickeln ein Rollenverständnis, denn nur wer weiß, welche Rolle er spielen kann und will, wird verstehen, wie seine Love Brand weiter Formen annimmt.

Keine Lust zu Lesen? Hier ist die Audio-Datei zum folgenden Blog-Beitrag:

Es sind die mutigen Meinungen,
die merkwürdigen Vergleiche,
die sich für eine Marke auszahlen.

Vernünftige Menschen

Ich dachte immer, ich lebe in einem Haifischbecken. Natürlich nicht hier im Zoo. Sondern draußen, in der freien Natur. Im Ozean.

Nach dem heutigen Besuch meines Paten, weiß ich jetzt allerdings, dass das wahre Haifischbecken über Wasser ist. Denn da lebt der einzige Feind des Hais. Der Mensch.

Der homo sapiens, lateinisch für vernünftiger Mensch, ist nämlich alles andere als sapiens. Er verwendet zwar die Redewendung, sich in einem Haifischbecken zu befinden, um auf gefährliche Situationen hinzuweisen. Aber eben nur im übertragenen Sinn. Würde er da leben, wo wir Seepferdchen es normalerweise tun, wäre er nicht lange am Leben. Die Haie würden sich um ihn kümmern… Um das Meer sauber zu halten. Weil der Mensch genau das weiß und ernsthaft die einzige Lebensart ist, die keinen natürlichen Feind außer sich selbst hat, kümmert er sich um die Haie. Vielmehr kümmert er sich um deren Ausrottung. Homo culus – soll heißen, der Mensch, der Arsch. Lateinisch höchstwahrscheinlich unkorrekt, so trifft meine Botschaft, die ich zum Ausdruck bringen möchte doch sehr wahrscheinlich ins Schwarze. Als ich meinen Paten nach seinem Besuch heute Morgen fragte, was Arsch auf Latein heißt, googelte er. Er hatte Französisch in der Schule, erinnerte sich sofort an das entsprechende Wort, doch wir alle wissen, dass sich Französisch immer irgendwie charmant anhört. Wir wollen aber nicht charmant sein. Nicht in diesem Zusammenhang.

Jede Rolle stärkt das Kollektiv

Mein Pate erzählte mir zwar auch, dass es einige Menschen gibt, die Haie schützen und viel dafür tun, dass sich die natürlichen Haifischbecken erholen. Vom Homo culus gäbe es dennoch bedeutend mehr. Und das ist schlichtweg bitter, wie ich inzwischen weiß. Denn jeder hat seine Rolle auf der Welt, jeder stärkt auf seine Weise das Kollektiv – und erhält dafür die Anerkennung seiner Fans.

Seltsam, dass ausgerechnet das Wesen, das an der Spitze der Nahrungskette steht, am meisten von all dem für sich beansprucht.

Ähm, vielleicht nochmal zum Beginn des heutigen Tages: Der Pate rückte an als ich mich gerade von einem ausgiebigen Ein-Meter-Spaziergang erholte. Und er überfiel mich motiviert bis in die Haarspitzen. Weil er sich heute mit dem Tauchen beschäftigen durfte, sagte er. Mit seinem größten Hobby. Und dann käme noch seine Leidenschaft für Neuromarketing und Zielgruppenkommunikation hinzu. Zum Thema Tauchen brauchte er mir nichts erzählen, und die Fremdwörter im zweiten Teil seines Satzes kapierte ich nicht. Ich speicherte es unter unnützem Wissen. Denn, was ich nicht versteh‘, interessiert mich nicht. Also konzentrierten wir uns auf seinen imaginären Tauchgang, damit ich nicht Gefahr lief, vom Fach-Blabla gelangweilt zu werden.

Er hatte zumal eine echte Chance verdient, immerhin interessiert er sich für meine Welt. Das hat etwas mit Respekt zu tun. Und ich meine damit nicht nur oberflächlich.

Es gibt Boykottierer und Supporter.
Vielfalt ist gut und wichtig.
Sie erweitert den eigenen Horizont.

Lass‘ dich auf den Artenreichtum ein

Wir groovten uns gedanklich so in einer Tiefe von 15 bis 20 Metern ein. Nur mal so, ich kann bis 100 Meter tief, und nicht nur denken, aber aufeinander einlassen heißt eben, man geht erstmal so weit wie der andere gehen kann… Wir blieben am Riff, schlug mein Pate vor, weil ich ja ein nicht so guter Schwimmer sei und mich dann festhalten könne. Das nennt man dann wohl ein Gentlemen Agreement.

Die Biologie-Stunde der Markenkommunikation, nannte der Pate es. Ich gebe das, was ich verstanden habe, einmal so wieder: An einem Korallenriff findet man einen der am artenreichsten und dichtesten besiedelten Lebensräume der Erde. Quasi das Spiegelbild zu oben. Auf beiden Seiten hast du den Menschen zu Gast. Aber dieses Thema würde zu den Irren führen, äh, in die Irre führen.

Korallen sind jedenfalls die Landschaftsarchitekten für eine Welt voller Muränen, Flundern, Kugelfischen, Feuerfischen, Barschen, Rochen, Haien und natürlich Seepferdchen. Einige sind schon ewig hier, andere haben noch Seetang hinter den Kiemen. Einige tragen 90er Neon-Outfits, andere Schuppen. Es gibt schräge Frisuren und Wirbellose. Es hat Räuber und Beschützer. Es gibt Schädlinge und Reinigungskräfte. Boykottierer und Supporter. Und damit wären wir nun bei dem, was der Pate mit Rolle meint. Jeder bringt seine Fähigkeiten ein und sucht sich die Umgebung, in der er das bestmöglich kann. Das ist die Rolle.

Unterscheide die Bedürfnisse

Entweder du bist Für etwas oder Gegen etwas. Freilich ist ein wenig komplizierter und dennoch war es beim Tauchgang am Riff so offensichtlich wie nachvollziehbar: Einige wehren sich gegen alles, verteidigen und beschützen. Andere produzieren Sand für den Strand – selbst in einem Zoo, wo Strand echt für‘n Arsch ist. Aber was will man machen: Manche tun einfach das, was sie halt immer tun. Und wieder andere bringen sich eben ein, tun sogar etwas für andere, in Bezug auf den Lebensraum oder in Bezug auf den Arterhalt.

Die Evolution hat unterschiedliche Fische unterschiedlich entwickelt. Deshalb ist es wichtig, dass man ihnen Unterschiedliches bietet, damit sie ihre Rolle auch wirklich zur eigenen Zufriedenheit erfüllen können. Nicht alle brauchen das Gleiche dafür. Für einige ist der Erhalt der eigenen Art wichtiger. Siehe die Amphibien, die es sich inzwischen raussuchen können, ob sie es grad über oder unter Wasser geiler finden. Das konnten die schließlich auch nicht schon immer. Tja, die Vielfalt der Optionen öffnet Horizonte und treibt Mensch wie Fisch an, und das ist dieses Neuromarketingdingsbums, sagte der Pate. »Wenn du die Evolution deiner Marke, die Herkunft, die Rolle kennst, dann erschließt sich der Horizont für dich zur Love Brand. Weil du dann weißt, welche Emotionen du wie ansprechen kannst« – der Wissenschaftler in ihm ist anstrengend, dachte ich. Geh‘ wieder Tauchen, Junge… Dir scheint die Oberflächenluft nicht gut zu tun. Ich ging Schwimmen. Denn das war’s mit der Biologie-Stunde.

Nach einer Runde um die Fingerkoralle, also zehn Minuten später, leuchtete es mir ein: Mein Horizont ist aufgrund der Tatsache, dass ich kein guter Schwimmer bin, endlich. Dort wo Strömung und wenig Vegetation zum Festhalten ist, macht es daher weniger Sinn für mich zu performen. Dafür übernehme ich an anderer Stelle eine Vorbildrolle in der Natur: Ich bin die einzige Art, bei der die Männchen den Nachwuchs austragen. Und mehr noch, zusätzlich zur Vorbildrolle habe ich als Seepferdchen noch eine andere außergewöhnliche Eigenschaft: Ich reagiere tatsächlich sehr empfindlich auf verunreinigtes Wasser und bin daher ein guter Indikator für eine exzellente Wasserqualität. Soll heißen, da wo wir sind, herrscht eine 1a-Atmosphäre. Das, was er Pferdefresse nennt, ist tatsächlich ein vorbildliches Gütesiegel, Freunde! Wie passend, dass alle Seepferdchen seit 2004 nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen geschützt sind, als gefährdete Art sogar. Jaja, Leute, Qualität wird immer seltener. Sinnvolles aus Washington übrigens auch.

Früher waren Rollenspiele
den Science-Fiction-Fans vorbehalten.
Heute ist es an der Zeit, dass sich jeder
seiner Rolle bewusst wird.
Nur so nimmt die eigene Marke Formen an.

Symbiose ist Arbeit

Nunja, mein Pate sagte, Love Brands profitieren von den Emotionen, deshalb sind sie auch selten geworden. Und umso beliebter.

Nenn es, wie du willst, dachte ich mir. Ich begreife mich ab sofort als ein Sinnbild für Qualität, als ein gern gesehenes Prädikat. Mein Ruf ist meine Performance, nicht mein Name, Pate. Bei der nächsten Runde um die Fingerkoralle schwamm ich den Brust-raus-Stil, was sich richtig gut anfühlte.

Das blieb zudem nicht unentdeckt: »Siehst du«, sagte der Pate, »zeige dich selbstbewusst und grenze dich ab. Zeige, wer du bist, so wird deine Marke bekannt«. Um allerdings als Love Brand erfolgreich zu sein, brauche es Nachbarn, Freunde, Partner, Beziehungen.

Symbiose gibt es auch am Riff. Und das ist Arbeit, kann ich euch sagen. Soll heißen, mit dem was und wie ich es mache kann ich gut im Gespräch und gefragt bleiben. Allerdings müsse ich schon auch ernsthaft performen. Das heißt beweisen, dass ich einen Nutzen bringe. Nur regelmäßig schwimmen, sich zeigen, Qualität thematisieren, das reicht nicht. Mein Pate sagte, auf einem Bein kann niemand stehen – ich dachte, doch kann ich, ist nur kein Bein. Und steht auch nicht. Schwimmt.

Was er aber eigentlich meinte, erklärte er mir anhand meiner Fertigkeiten: Wir Seepferdchen sind zwar gefährdet, haben dennoch aber nur wenige natürliche Fressfeinde am Riff, da wir aufgrund unserer Knochenplatten, Stacheln und vielen Gräten nicht unbedingt leicht verdaulich sind. Ein nachhaltiges Produkt von Mutter Natur, das, je häufiger wir es einsetzen können, desto mehr über eine gesunde Atmosphäre aussagt. Wem das nichts nützt…

Nun verändere die Evolution allerdings von Zeit zu Zeit nicht nur die Rahmenbedingungen, sagte der Pate – das war freundlich ausgedrückt für die Schweinereien, die die Menschen an der Oberfläche machen und die unseren Lebensraum zerstören. Glaubt der wohl, ich würde das nicht mitbekommen? Steht immerhin auch Schwarz auf Weiß an der Tafel neben meinem Aquarium. So viel gutes Wasser gibt’s nämlich offensichtlich gar nicht mehr. Und was hat das zur Folge? Auch Seepferdchen passen sich notgedrungen an. Einige meiner Art können sogar ihr Aussehen so verändern, damit sie erst recht niemand mehr findet. Ein guter Vergleich, fand der Pate: »Sich stetig neu zu erfinden, Abwechslung zu bieten und sich zu entwickeln… Das ist eine gesunde Überlebensstrategie.«

Ich habe ihm an dieser Stelle nicht verraten, wie viele unentdeckte Arten es von uns noch gibt. Er mag ja das Tauchen, dann kann er schön selber auf die Suche gehen.

Qualitätsmerkmale ändern sich

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hilft ein regelmäßiger Überraschungseffekt einer Love Brand, sich auch als Love Brand zu bewähren.

Die Qualitätsmerkmale dieser Welt ändern sich, also verändert sich auch die Welt der Seepferdchen. Meine sowieso: Ich, Willi, die Pferdefresse, bin schon so gut wie eine Love Brand. Die erste meiner Art. Ich hab‘ hier vielleicht 1.000 Liter Wasser zur Verfügung, aber das reicht, um der Welt zu zeigen, welch entscheidende Rolle ich spiele.

Ich weiß noch, was ich tat, als mein Pate heute Vormittag gedanklich wieder auftauchte: Ich stellte mir vor, wie ich im Haifischbecken alleine durch meine Anwesenheit dazu beitrage, dass alle anderen auch von einer lebenswerten Umgebung profitieren. Von Lebensqualität, wenn ihr so wollt. Denn, auch Haie schätzen Qualität, da bin ich mir sehr sicher.

Ich stärkte mich mit einer ordentlichen Portion Krabben – bevor mich wieder Hunderte von Fragen einholten. Wo war der Pate eigentlich geblieben? Ach, bestimmt in seinem eigenen Haifischbecken. Antworten suchen. Mut hat er ja, das muss man ihm lassen.

Man muss nicht Tauchen gehen oder die Ökologie eines Riffes verstehen, um seinen Platz als Marke zu finden. Aber es hilft. Für Willi, der sich bislang ausschließlich als Seepferdchen wahrgenommen hat, öffneten sich durch neue Sichtweisen Horizonte. Das hat Stolz und Überzeugung ausgelöst. Das hat Antrieb geschaffen. Er ist neugieriger geworden. Er hat sich mit seiner eigenen Rolle als Qualitätsprädikat beschäftigt. Und jetzt will er daraus etwas machen. Für Qualität zu stehen und einen Lehr-Beitrag als Love Brand leisten zu können, das stärkt das Selbstbewusstsein.

Food For Thoughts

Wie ich mir den Kick-off für euch und eure Herzensangelegenheiten vorstelle, findet ihr hier:

Für die Love Brand Mensch ››

Für die Love Brand Unternehmen ››

Ausserdem gibt’s den Blog-Artikel als Audio-Podcast auf