Willkommen zu »Pferdefresse«, dem Seepferdchenabzeichen der Markenkommunikation als Blog und Podcast. In Sachen Rollenverständnis haben wir zuletzt einen ersten Deep Dive gemacht, wie man heute so sagt. Markenkern, Sinnstiftung, Leitbild, Ziele und Rollen haben wir damit ausgiebig besprochen. Zeit, noch tiefer zu gehen. So kurios das klingt, aber genau deshalb beschäftigen wir uns nun, einmal mehr am Beispiel von Seepferdchen Willi, mit Oberflächlichkeiten: Mit dem Erscheinungsbild. Denn, natürlich achtet eine Love Brand aufs Aussehen.

Keine Lust zu Lesen? Hier ist die Audio-Datei zum folgenden Blog-Beitrag:

Der erste Eindruck einer Marke zählt.
Oberflächlich betrachtet.

Aufmerksamkeit verschaffen

»Gregory, Maxl, habt ihr die Seepferdchen gesehen?« – Ein lautes Wummern an der Scheibe weckte mich aus meinem Mittagsschlaf. Was ich bislang noch nicht über meine anatomischen Eigenschaften verraten habe, ich kann meine Augen unabhängig voneinander bewegen. Das führte in diesem Fall dazu, dass ich das Wummern nicht nur Dolby Surround hörte, sondern auch sah: Gregory, Maxl, Gregory, Maxl, Maxl, Maxl, Gregory, Maxl, Gregory, Gregory. Okay Jungs, ich war wach. Und schon ziemlich arg genervt. Von Maxl genauso wie von Gregory, oder war es die Oma, die beide animierte? Und woher ich weiß, dass im linken Auge Gregory mit der Faust und im rechten Auge Maxl mit der flachen Hand die Stabilität meiner Mensch-TV-Scheibe testeten? Die Erklärung war recht einfach, denn Gregory hatte Durst und die Oma kümmerte sich sofort darum. Sie sprach ihn ungefähr 32 Mal mit Namen an, damit er auch wirklich nicht vergisst, wie er heißt. Ihr seht, es braucht nur wenig Aufmerksamkeit und Augenblicke, um sich Namen und Gesichter einprägen zu können.

Ein rein optischer Wiedererkennungseffekt

Als ich meinem Paten an einem der darauffolgenden Tage von der abrupten Techno-Party berichtete, erzählte ich ihm seltsamerweise nichts über die Namen der Faust- oder flache-Hand-Rhythmen. Ich erzählte von Gregory’s grüner Mütze und Maxls blauer Mütze. Die waren mir nämlich aufgefallen, beziehungsweise habe ich mir das bewusst gemerkt. Denn der Dialog zwischen Oma und MG alias »Mashine Gun« Maxl & Gregory ging so weiter: »Guckt, jetzt bewegt es sich, wenn sie sich bewegen, kann man sie besser erkennen.« Mensch, Oma, klar beweg ich mich, sogar die ganze Zeit – einerseits bewegen mich die Schallwellen, andererseits habe ich toujours Aquaplaning, you know?! Da muss ich laufend nachsteuern. Also langsam mit den jungen Pferden. Abgesehen davon muss ich dir eines sagen: Euch erkennt man am besten, wenn ihr euch nicht bewegt. Wenn ihr biometrisch durch mein Fenster starrt – und…

da war es wieder: Maxl, Gregory, Gregory, Gregory, Maxl, Maxl. »Hm«, sagte die Oma in der nächsten Trommel-Pause, »sieht bissle anders aus als ein richtiges Pferd, oder? Sieht eher aus wie auf dem Memory, das die Oma hat.« Lied aus. Das Ensemble zog weiter.

Im Memory, erklärte mir mein Pate, gehe es darum, unter zahlreich umgedrehten Karten ein identisches Kartenpaar, in Omas wohl dasselbe Tier, aufzudecken. Wenn dir das gelingt, darfst du das Kartenpaar behalten. Es geht um den Wiedererkennungseffekt, um rein optische Merkmale. Und um das Erinnerungsvermögen, das diese optischen Merkmale speichert und abruft.

Eine Christbaumkugel im Osternest

Blabla, apropos gleiches Tier: Hab‘ ich schon erwähnt, dass wir inzwischen fünf Seepferdchen in meinem Aquarium sind? Jaja, von Qualität kann der Mensch nicht genug bekommen, deshalb haben sie nachgelegt. Die Love Brand hat ein paar Doubles bekommen.

Ehrlich, ist gar nicht so tragisch, seit der Pate für mich arbeitet, kreuzen hier schon mehr Leute auf und stören mich bei… naja, bei so dies und das eben. Meine Crew und ich, wir teilen uns also die Show, so hat jeder seinen Auftritt und jeder doubelt ja auch ein wenig anders. Das brachte Abwechslung ins Ökosystem. Drei von uns sorgten in dieser Sekunde für Betrieb an der Scheibe, denn es gab Futter. In einem Augenblick der Unachtsamkeit dachte ich, einem weiteren Dialog mit meinem Paten für den Moment entkommen zu können. Ich mischte mich unters Volk… Dachte ich. Die Doubles versagten total, stellte ich fest, meine Identifizierung ging so schnell, ich hatte noch nicht einmal mit der Vorspeise angefangen.

»Hast du echt gedacht, du kannst dich verstecken?!«, lachte er mich aus. Ich fand’s nicht witzig. Er würde mich unter Tausenden von Seepferdchen direkt erkennen. Mein Weiß, mein Gelb, mein Grün, meine schwarzen Punkte auf der Brust und als Sommersprossen auf der Pferdefresse, die fünf dunkelbraunen Nackenwirbel – ob mir nicht aufgefallen sei, dass ich damit unter allen anderen Seepferdchen auffalle wie Christbaumkugel im Osternest?

Blind bin ich nicht, wobei hingegen die Farbangaben meines Paten eindeutige Rückschlüsse auf seine Sehkraft schließen ließen. Der sieht Dinge anders. Also wirklich anders. However, ja, die anderen sehen auch anders aus. Einige von uns sehen, wie schon mal erwähnt, von einem Moment auf den anderen anders aus.

Mein »Design«, sagte der Pate, sei unverkennbar. Typisch er.
Es folgte typisch ich: »Ich geb‘ dir gleich ›Design‹, über dieses Outfit hab‘ ich nicht lange nachdenken brauchen – ich hab‘ nämlich nur dieses. Diese Fashion-Victims hier um mich rum, diese Animations-Künstler und Grafik-Explosionen von Mutter Natur, die können gerne jeden Trend mitmachen! Ich weigere mich. Manchmal sieht Mode auch einfach Scheiße aus. Egal, wie viele sie tragen und wer dabei mitmacht. Wobei… irgendwie wär’s ja schon mal geil, hier im Langusten-Overall einzulaufen…«

Kleider machen Leute,
Designs machen Marken.
Wenn es so einfach wäre,
wäre die Welt der Marken
nicht mehr als ein Laufsteg voller Logos.

Nur der, den man erkennt, wird bekannt

»Krustentier passt nicht zu dir. Außerdem frisst du seine kleinen Kumpels – wie kommt denn das bitte rüber?« – Spielverderber, und Stilberater scheint er jetzt auch noch zu sein, der Pate. »Also, Mr. Personal Love Brand Manager, dann lass mal hören: Was kannst du aus meinem Outfit für Omas Memory rausholen. Ich find’s nämlich offen gesagt jetzt schon really attractive?«

Wie üblich traf ich mit derart direkten Fragen ins Schwarze… Ohne zu wissen, warum. Mein Pate sagte, genau das sei der Punkt: Mein Outfit passe zu mir, es mache ein klares Bild von mir, es sei das Logo zu meiner Marke. Ein Blick reiche, und ich werde erkannt.

Was mir das bringt? Abgesehen von einem Kartenpaar im Memory natürlich, dass, nur wer mich sieht, weiß, woran er mich erkennt. Und wer weiß, woran er mich erkennt, kann sich an mich erinnern. Und so werde ich bekannt. Beides ist wichtig auf dem Weg zum Erfolg. Auf dem Weg zur Love Brand…

Lesson learnt: Gut sein, das ist das eine. Gut aussehen, das andere. So subjektiv das ist. Klar will ich gefallen. Zuerst mir selbst – wäre fatal, wenn ich vor meinem eigenen Spiegelbild im Fenster fliehen müsste. Ich wäre den ganzen Tag dann Backstage und die anderen würden performen. Nichts da. Und vorne, auf der Bühne des Lebens, klar, wer hört nicht gerne Komplimente? Wer sieht nicht gerne die Plakate »Ich will ein Kind von dir«… Entschuldigung, ich komme ins Träumen.

»Grundsätzlich gilt, dein Look ist mit ausschlaggebend dafür, wie man dich wahrnimmt. Im besten Fall schon auf den ersten Blick«, – da war spätestens Schluss mit Träumen, kein Seepferdchen hat als Seepferdchen eine Chance da draußen, wenn es als Languste wahrgenommen wird. Tja, aber ich war so oder so unsicher, ob mir ein breit gefächerter Schwanz steht.

In der Menschenwelt spricht man von »Kleider machen Leute«, erzählte mir der Pate. Gleiches gilt für Marken: Vom Logo bis zum Gesamterscheinungsbild – es sei wichtig, mit dem zu arbeiten, was man mitbringt und was zu einem passt.

Aussehen ködert

Seetang-T-Shirt, Korallenkette, Muschel-Hütchen – das könnte euch so passen. Aber was, wenn ich doch mal keinen Bock mehr auf meinen Stil hätte, wenn ich, sagen wir mal, mein Aussehen von mir aus frisieren will? Vielleicht will ich mich ja verändern, weil mir danach ist – das muss ja nicht einmal mit neuen Trends zu tun haben.

Da bräuchte ich mir keine Sorgen machen, hieß es. Einerseits käme die optische Veränderung ganz natürlich und mit der Zeit. Andererseits könne er bei Bedarf schon Kontakte vermitteln, die künstlich etwas nachhelfen würden… Immer nur so weit, dass die ursprüngliche Identität unverkennbar bleibe. Meint der jetzt Chirurgen oder Designer?

Oberflächlichkeiten ließen sich leicht und schnell anpassen, die Kunst sei es, die Identität unverkennbar zu belassen. »Und attraktiv zu sein!«, warf ich ein. Der Pate gab mir Recht: heutzutage sei die Optik im Paarungsverhalten der Menschen beispielsweise so ausschlaggebend, dass sie Bilder auf dem Telefon nach links wischen, wenn ihnen nicht gefällt, was sie sehen. Gefällt ihnen, was sie sehen, wischen sie nach rechts – er zeigte mir auf seinem Telefon, wie das geht.

»Challenge accepted?«, fragte ich meinen Paten. Der war etwas perplex, als ich ihm sagte, was mir sein Love Brand-Gedöns bereits gebracht hatte: »Wir sind inzwischen fünf Supporter hier im Becken und auch vor dem Fenster is a lot of traffic, my dear friend. Spricht demnach für mein gutes Aussehen. Wie sieht‘s bei dir aus?«

Ihn würde eine belastbare Wisch-Rechts-Statistik über 20 Euro pro Monat kosten, nur dann könne er sehen, wer bei ihm auf der anderen Seite des Fensters ebenfalls nach rechts gewischt habe.

Pah, da hatten wir es: Wer nicht so gut aussieht, zahlt drauf. Wer auf sein unverkennbares Aussehen achtet, wie ich, bekommt freien Blick auf seine Fans. Und natürlich Krabben. Fans sind schließlich irgendwie auch immer gleichzeitig Sponsoren, müsst ihr wissen.

Aussehen ködert, meint der Pate. Typen binden, meint er auch. Und um hinter deinen Typ zu kommen, dazu braucht es mehr als nur ein paar Bilder, ein bisschen Style und fancy Outfit. Im Umkehrschluss bedeutet das: Nur, wer ein außergewöhnliches Erscheinungsbild hat, ist noch lange keine Love Brand.

Da hatten wir die Kehrseite der Medaille wieder: Den Besserwisser.

Manchmal ist Mode einfach hässlich.
Egal, wie viele sie tragen.
Love Brands gefallen sich selbst.
Daran erkennt man sie.

Die Eine unter Vielen

Aber gut, ich konnte ihm ja nicht absprechen, dass sich mein Investment in ihn, nicht auszahlen würde. Mir wurde klar, wie ich selbstverständlich beiläufig auf einer Krabbe herumkaute.

Von mir aus, dachte ich mir, machen wir weiter. Aber ein guter optischer Eindruck, steht jedem. Mir insbesondere. Solange euch außerdem klar ist, woran ihr mich im Seepferdchen-Memory hier in meinem Zoo erkennt, ist alles gut.

Ich bin die Pferdefresse unter den Modeerscheinungen. Ich bin die Love Brand unter den Doubles. Das Lieblings-Motiv in Omas Memory.

Ach, falls ihr einer grünen und blauen Mütze begegnet… Das Kartenpaar dürft ihr gerne behalten. Geht nicht, sagt ihr? Wegen der unterschiedlichen Farben? Hm, das Spiel ist doof. Da muss man sich zu viele Details merken.

Der erste Eindruck zählt, und er kann in vielen Fällen darüber entscheiden, ob mir eine Marke gefällt oder nicht. Das ist oberflächlich, zugegeben. Diese Erkenntnis ist wahrscheinlich die bislang am einfachsten zu verstehende Komponente, die zu einer Marke dazu gehört: Unverkennbare Identitätsmerkmale – Kleider machen Leute, Designs machen Marken. Soviel ist richtig. Zu einer geilen Type gehört ein geiles Erscheinungsbild, keine Frage. Wenn die Optik anspricht, hab‘ ich Interesse herauszufinden, ob die Fassade hält, was sie verspricht.

Ausserdem gibt’s den Blog-Artikel als Audio-Podcast auf