Es geht wieder weiter mit »Pferdefresse«, meinem Projekt, mit einem Seepferdchen alles zum Thema Markenkommunikation zu teilen. Willi hat zuletzt damit begonnen, das erste der vier offensichtlichen Erkennungsmerkmale einer Marke, kennenzulernen: Gutes Aussehen. Das ist eine gute Visitenkarte für eine Love Brand, und ein guter Anfang. Weil der erste Eindruck nun mal zählt. Was aber ist mit dem Zweiten? Eine Marke wird nur dann erfolgreich sein und bleiben, wenn sie hält, was sie verspricht. Beziehungsweise nur das verspricht, was sie auch halten kann. Das hat etwas mit anständigem Benehmen zu tun. Daher geht es heute um Verhaltensgrundsätze einer Marke.
Keine Lust zu Lesen? Hier ist die Audio-Datei zum folgenden Blog-Beitrag:

Für eine Love Brand gilt:
Nicht das auswendig lernen von
Anstandsregeln sorgt für
ein gutes Miteinander.
Sondern das Aneignen
von anständigen Verhaltensmustern.
Es geht um Wohlbefinden und Wohlstand
Je häufiger ich an dieser Spiegelung im Fenster vorbei schwimme, desto mehr werden mir die letzten Tage bewusst. Weil sie offensichtlich sind. Also, die Konsequenzen daraus. Eines Tages war ich ein Seepferdchen, und aus. Eins, das hier rumhängt, damit neben dem Warnschild zum Erhalt unserer Art noch ein lebendes Objekt Mahnwache steht. Und jetzt? Seit mein Pate mir diese Love Brand-Sache da erklärt, hat sich einiges verändert: Mein Selbstwertgefühl ist wach, ich weiß, dass mehr in mir steckt. Außergewöhnliches, um genau zu sein. Mein Selbstbewusstsein ist gestärkt, Love Brand zu sein macht Sinn. Nicht nur, weil es dich vom Mainstream fern hält. Ich stehe für Qualität. Ja, auch für gutes Aussehen – doch das wirkt im Spiegelbild erst, wenn ich mit Brust-raus posiere und ins Licht schwimme. Im Schatten sehe ich aus, wie alle anderen hier um mich herum. Versteht mich nicht falsch, wir sind als Team immer noch stark. Das hilft dem Artenschutz, also uns allen. Dennoch, wir alle bekommen jeden Tag Krabben. Auch die, die im Schatten leben. Sollen sie doch, aber ich will mehr. Mehr Krabben. Denn darum geht’s. Um Wohlbefinden und Wohlstand. Dafür bin ich selbst verantwortlich, also muss ich was tun. Klar, erst für mich, dann für die anderen. Für die, die keinen Paten haben, der ihnen hilft. Soviel Anstand hab‘ ich, dass ich bereit bin, Erfolge zu teilen.
Mein Aussehen, meine unverkennbaren Wiedererkennungs-Merkmale, all das Oberflächliche, reicht nicht aus. Ein Standbild von mir ist wie ein Stillleben. Das habe ich in den vergangenen Tagen gemerkt. All die, die gekommen sind, um mich zu sehen, gingen schnell wieder, wenn ich einfach nur das Model rausgehängt habe. Irgendwie logisch, es existieren inzwischen so viele Bilder von mir, da muss sich niemand mehr bewegen, wenn er mich sehen will. Scheint so, als dass wir – mein Pate und ich – noch nicht ganz am Krabben-Büffet der Welt angekommen sind. Um genau zu sein sind wir vom All-You-Can-Eat-Running-Sushi noch weiter entfernt als ich dachte. Heißt, der Mainstream ist täglich noch präsent. Das ist nicht gut.
Meine Fans wissen inzwischen, wer ich bin, woher ich komme, wo ich hin will, weshalb und wofür ich dabei stehe. Sie wissen, wie ich aussehe, wie man mich auf den ersten Blick identifizieren kann. Und jetzt?! Reicht das immer noch nicht?
Nein, sagt der Pate.
Okay.
Das kann man netter sagen
Ich wartete auf Details. Kam aber nichts. Im Gegenteil, er drehte sich einfach um und verschwand ohne ein Wort zu sagen Richtung Haifischbecken. Was für ein Held, ernsthaft jetzt?! Lässt der mich einfach hängen? Was ist denn das für ein Benehmen, bitte? Ich interessiere mich – für meine Entwicklung und seine Meinung… und er?
Ignorant.
Der nächste Fall: Ein kleines Mädchen (ohne Mütze) drückt sich an meiner Scheibe die Nase platt. Ihre Pupillen folgen mir und meinen Bewegungen konzentriert. Fasziniert. Von Willi. Zweifellos. Von mir. Da kommt plötzlich von hinten ein Typ, gibt ihr nen Hüft-Kick à la Du-warst-lang-genug-hier und zieht ne Grimasse – »was für eine fucking hässliche Pferdefresse«.
What?! Junge, wer bist du?! Was ist mit dir?! Glaub mir, ich schau auch lieber in zwei Nasenlöcher eines Fans als in die Augen eines Haters. Geht’s noch… Dein Problem, wenn ich dir nicht gefalle, aber das kann man wirklich auch netter sagen.
Noch einer, heute scheint mein Glückstag, nur Spezialisten, passt auf: Ein Gesicht mit Sonnenbrille. Geschätzte Besuchszeit: 1,5 Sekunden. Exakte Aussage: »Hab‘ gehört, kann man die auch fressen, die Dinger.« Weg war die Sonnenbrille. Samt Gesicht dahinter. Gute Kinderstube war gar nicht erst mitgekommen. Den Besuch hättest du dir aber echt sparen können. 1,5 Sekunden Zeitverschwendung.
Beschäftige dich mit der Umwelt
Da kommt gute Kinderstube, metaphorisch gesehen, mit meinem Paten zurück. Er kommt zurück, weil er sich entschuldigen will. Ziemlich sicher. Das soll er später machen, mir platzt hier gleich der Kragen und er darf es wissen: »Etwas mehr Respekt bitte. Mich einfach stehen, also hängen lassen. Hast du eine Ahnung, was da noch für Irre draußen sind? Ach, scheißegal, ich wollte von dir wissen, was mein nächster Schritt zur Love Brand ist, und du? Machst Platz für intolerante, unhöfliche und rücksichtslose Primaten.«
»Aha, wir beginnen uns mit der Umwelt intensiver zu beschäftigen. Also mit den Reaktionen. Interessant«, wer sind wir? Von was redet der schon wieder?
Weil der folgende Dialog sehr persönlich war und es Eingriffe in die gegenseitige Privatsphäre gab, möchte ich mit euch zumindest die Zusammenfassung teilen. Folgendes habe ich verstanden: Rachegelüste sind ein natürlicher Reflex. Schimpfwörter helfen ungemein, um Zorn in kurze, prägnante Worte zu packen.

Love Brands sind Macher statt Schwätzer.
Sie halten, was sie versprechen.
Vorleben statt Aufschreiben
Und…
… okay, ich möchte eingestehen, dass eine andere Perspektive auf die Dinge auch folgende Rückschlüsse des heute Erlebtem zulässt:
- Kooperationen, egal welcher Art, funktionieren dann, wenn gleiche Chancen für alle gelten, wenn wir uns gegenseitig Respekt erweisen.
- Toleranz, würdevoller, ehrlicher Umgang miteinander stärkt das Verhältnis. So achtet jeder darauf, das Ansehen und die Reputation der Kooperationspartner hoch zu halten.
- Miteinander Ziele zu erreichen schafft nachhaltiges Vertrauen.
Allein diese Wortwahl. Aber was soll ich machen, so hat es sich der Pate in sein Notizbuch notiert. Und ich hab’s auswendig gelernt.
Jaaaa, ich gebe zu, dass ich durchaus verstanden habe, dass genau darin das Problem liegt. Nicht das auswendig lernen von Anstandsregeln sorgt für ein gutes Miteinander, sondern das Aneignen von anständigen Verhaltensmustern.
Ich weiß, euch trifft die Erkenntnis jetzt wahrscheinlich genauso hart wie mich: Aber es geht nicht nur um mich. Es geht nicht nur um Willi, die Pferdefresse, die für Qualität steht und für ihre Marke einsteht. Eine Marke, die oberflächlich betrachtet mit natürlicher Schönheit ausgestattet ist, und… Hach, ich komme vom Thema ab. Wo war ich?
Achso, es geht nicht nur um mich. Es geht auch um den Ignorant, den Typ ohne Kinderstube und den Typ ohne Taktgefühl. Und den trägt jeder in sich, da bin ich ganz sicher.
Jedenfalls brauchen die Hausarrest. In mir und im Leben aller da draußen. Punkt.
Anstand ist besser als Umstand
Ich stehe für Qualität, für eine Marke mit Antrieb und Potenzial. Ich bin eine Vorbildrolle.
Was, nüchtern betrachtet, bedeutet, ich muss mich so verhalten. Das ist eine andere Erkenntnis. Solide wie schwer zu ertragen.
Unter Punkt 2. stand was von ehrlich im Umgang, das werde ich zu strapazieren wissen. Wenigstens eine positive Erkenntnis. Ehrlichkeit könnt ihr haben.
Und dann, urplötzlich, kam mir die Erleuchtung: Qualität ist zuverlässig, vertrauenswürdig, belastbar. Und so werde ich mich verhalten. Vielmehr, ich werde halten, was ich verspreche.
Ob es so etwas wie Benimm-Trainings gibt, will ich vom Pate wissen? Tausende, und jedes ist speziell fundiert. Er hätte mal einen Herrn Freiherr von Knigge interviewt vor einigen Jahren. Dieser Knigge sei zum Beispiel ein Maßstab, wie die Menschen zwischen Anstand oder Umstand unterscheiden.
»Und was glaubst du, würde der über mich sagen?«, wollte ich wissen.
»Er würde sagen, dass du weißt, dich richtig zu kleiden. Dass du ein Cosmopolit bist.«
*Seepferdchenglubschaugen*
»Naja, einer, der gewandt, charmant, respektvoll mit unterschiedlichen Welten umgehen kann. Deshalb kommst du bei neuen Begegnungen auch nie in Verlegenheit.«
Hat der charmant gesagt?
»Jetzt komm schon, du hast schon eine ganz ordentliche Kinderstube genossen. Vieles machst du intuitiv richtig. Deine Tischmanieren zum Beispiel«, er grinste.
»Danke«, sagte ich etwas stolz, etwas verlegen. Weil Seepferdchen eigentlich keine Kinderstube haben. Wenn wir die Eier los sind, sind wir auch die Sorgen los, so läuft das nämlich eigentlich, wisst ihr?

Wertschätzung kannst du
weder aufschreiben noch ablesen.
Wenn sie wirklich da ist, kannst du sie spüren.
Love Brands wissen das.
Einfach mal »Danke« sagen
Jetzt will ich das Thema Eier nicht schon wieder in den Mund nehmen, weil es ziemlich eindeutig nicht unbedingt anständig ist. Aber es passt hier nun mal. Ich habe schließlich Eier: Ich bin ein Seepferdchen auf dem Weg zur Love Brand. Irgendwie. Und irgendwie kann das schon auch mal »Danke« sagen.
»Das eine will ich dir aber noch sagen, Pate, mit dieser Ignoranz-Nummer von vorhin, da würde ich an deiner Stelle, die großen Geschäftstermine lieber anderen überlassen. Ehrlich, diese Art von Verhalten passt gar nicht zu dir.«
»Danke.«
Sein Danke war mir gar nicht so wichtig, wie meines. Aber, ich werde mich jetzt mal darum kümmern, dass wir alle ausreichend mit Krabben versorgt werden. Ihr entschuldigt mich bitte. Danke.
Macher statt Schwätzer: Nicht die, die gute klingende Verhaltensgrundsätze haben, sind Love Brands. Sondern die, die ihre Grundsätze anständig leben. So dass man es nachvollziehen kann, woher die Grundsätze kommen. Und, weshalb sie zur Erreichung der übergeordneten Ziele notwendig sind – das nennt sich Wertschätzung. Diese Art der Wertschätzung kann man nicht aufschreiben oder ablesen. Man kann sie nur spüren oder erleben. Auf der anderen Seite schadet es nicht, ein paar Verhaltensgrundsätze aufzuschreiben. So sind sie transparent und jederzeit einen Moment wert, um über sich selbst sowie sein Tun und Handeln nachzudenken.
Ausserdem gibt’s den Blog-Artikel als Audio-Podcast auf